Montag, November 22, 2010

Rockenfeld


Auf einen Beitrag über dieses kleine verschwundene Dorf, das bis vor einigen Jahren auf einem Westerwaldbergrücken nahe des Rheines stand, wäre ich vermutlich nie gekommen, wenn nicht meine Mutter gebürtig aus einem Nachbarort von Rockenfeld stammen würde. Und die hat mir von klein auf von diesem Dorf erzählt, das wohl Namensgeber für die berühmte New Yorker Familie Rockefeller war, auf hochdeutsch Rockenfelder. Danke an TT für den Link und die Inspiration zu diesem Artikel.

Für Ortsunkundige will ich erstmal ein wenig mit dem Standard-Internet-Kartenwerk herumhantieren, um eine grobe Orientierung zu ermöglichen. Der rote Platzhalter markiert den Ort, an dem das Dorf einst gestanden hat.


Der Fluß auf der linken Seite ist Vater Rhein persönlich, im Tal rechts fließt die Wied und die gesamte grüne Gegend rechts vom Rhein ist Teil des Westerwaldes. Der bekannteste Ort auf diesem Kartenausschnitt ist wohl "Bad Hönningen". Die nächste Abbildung zeigt den gleichen Kartenausschnitt nach Umschalten auf Satellitenbild.


Und hier habe ich mal den Teil, wo Rockenfeld einst lag, näher herangeholt.


Ich könnte mir vorstellen, das die auffälligen Spuren rechts unten vom Markierungspunkt Überreste der ehemaligen Besiedelung sind, denn diese Veränderungen in der Landschaft werden wohl kaum auf natürlichem Weg entstanden sein.


Zum Abschluss des Kartenwerks noch eine etwas weiter gefasste Übersichtskarte, die erkennen lässt, das die wichtigsten Städte im Umfeld Bonn und Köln im Norden sowie Neuwied und Koblenz im Süden sind.


Auf der Internetseite der Stadt Neuwied befindet sich eine Kurzbeschreibung der Geschichte von Rockenfeld:

"Auf die frühe Besiedlung des Ortes deutet das im Wald gelegene kleine Erdkastell hin. Neben den Burggrafen zu Hammerstein, Kurtrier und dem Grafenhaus Wied besaß auch das Kloster St. Thomas einen Hof in Rockenfeld. Der Ort trennte sich 1693 von Gönnersdorf, zu dem er bisher gehörte. 1846 wohnten im Dorf 11 Familien. Die meisten wollten in der Folgezeit u.a. nach Wollendorf, Altwied, Anhausen und Ehlscheid aussiedeln, aber die Königl. Regierung zu Koblenz lehnte dies ab. Anfang des 19. Jahrhunderts soll im Nonnenbachtal Erz abgebaut worden sein; jedenfalls dienten die Stollen im II. Weltkrieg als Schutz gegen Fliegerangriffe. Anfang der 60er Jahre konnte in Rockenfeld ein Kriegerehrenmal für die Gefallenen des letzten Weltkrieges errichtet werden. Lebten vor 1945 noch 50 Bewohner im Ort, so nahm ihre Zahl nach 1950 kontinuierlich ab. Deshalb beschloß 1965 der Gemeinderat die Auflösung des Dorfes und Umsiedlung der Einwohner. In dem seit 1969 aufgegebenen Dorf gibt es nur noch ein einziges Gehöft, das nach dem Tod der Besitzerin ebenfalls abgerissen werden soll. Aus Rockenfeld sollen die Ahnen der US-amerikanischen Familie von Nelson D. Rockefeller stammen, die von Niederbieber aus den Weg nach Amerika antraten."


Eine etwas ausführlichere Beschreibung der Dorfgeschichte findet man hier:
http://www.neuwied-feldkirchen.net/rockenfeld/chronik/eswareinmal.html

Der nachfolgende Text stammt ebenfalls von dieser besuchenswerten Seite:
http://www.neuwied-feldkirchen.net/rockenfeld/historie/rockenfeld_historie.html

"Ausgehend von Rheinbrohl sind es bis zu diesem ehemaligen - zur Feldkirchen - gehörenden Dorf Rockenfeld nur acht Kilometer. Der letzte Bewohner dieses Ortes, der Gastwirt Albert Grose, verstarb in den 90-iger Jahren. Er hatte in Rockenfeld das Wohnrecht auf Lebenszeit. Einige Jahre später verstarb auch seine Ehefrau in einem Seniorenheim. Vorher hatten bereits andere Bürger den Ort verlassen."

Detaillierte Informationen über das Leben in Rockenfeld lassen sich - wie so häufig - der Schulchronik entnehmen:

"Diese Schul-Chronik wurde ab 1882 sehr genau geführt und bietet interessante Rückblicke. Ferner enthält das Pfarrarchiv von Feldkirchen manches lesenswerte über die Schule in Rockenfeld und ihre Vorgeschichte. Denn die ersten Berichte informieren bereits von einer eigenen Unterrichtung der dortigen Kinder bereits Anfang des 19. Jahrhunderts. 1809 tritt als Taufpate in Feldkirchen der Schulmeister zu Rockenfeld Conrad Reinhard auf, über den und etwaige Vorgänger oder Nachfolger nichts vorliegt. Wohl hat der Fürst zu Wied 1822 15 Gulden jährlich für die Lehrerbesoldung Rockenfeld vermacht, doch Näheres wird erst 1837 bekannt, als die Gemeinde sich Privatlehrer hält, denen für den Unterricht wöchentlich abwechselnd eine Stube in den Häusern zur Verfügung steht, bis 1840 ein Schulraum angemietet wird. Nach mehreren Unterbrechungen des Unterrichts am Ort, wo zeitweilig z.B. 1847 – 49, 1855 -56 die Nachbarschulen besucht wurden, mietete man 1869 für 36 Mark eine ständige besondere Schulstube, bis am 15 Mai 1882 ein richtiges Schulhaus, welches zugleich als Gemeinde- und Spritzenhaus diente, bezogen werden konnte. Der Gesamtpreis für dieses Gebäude betrug 3.600 Mark.

Zur Unterrichtung der kleinen Kinderschar aus den etwa 9 Häusern Rockenfelds suchte man sich Lehramtsbewerber, die so häufig wechselten, dass von 1837 bis 1889, bei vielen Jahren ohne Lehrer, wohl 21 solcher gezählt werden, deren Amtsdauer oft sehr kurz war. Bis 1919 waren es 20 Lehrer! Die Gemeinde suchte deshalb eine Lehrperson die willig war und fähig schien, und die Regierung bestand auf ihrem Genehmigungsrecht. Wie die Vorbildung dieser Privatlehrer oft war, zeigen Akten von 1843 über einen Friedrich Anhäuser, der vorher bei Andreas Rauch in Altwied in "Arbeit gestanden", dann 2 Monate in Heddesdorf an der Schule geholfen hat. Wie gering war auch die Besoldung, auf deren Sicherung die Behörde immer wieder drängt. Zu der freien Kost, abwechselnd in den einzelnen Häusern, kam bis 1880 ein Bargeld von 72 Mark, das sich dann bei Selbstversorgung auf 330 Mark erhöhte. Erst am 01. April 1885 wird die Lehrerstelle in Rockenfeld als ordnungsgemäß anerkannt; das Gehalt beträgt 800 Mark, mit freier Wohnung, wovon die Gemeinde die Hälfte zahlen musste. Die anfängliche Schülerzahl von 1843 mit 10 Kindern und 1845 mit 14 Kindern, reduzierte sich durch Abwanderung von Einwohnern und geringen Geburtenraten in 1935 bis auf 2, zeitweise nur 1 Kind. Nachdem ein Versuch Pflegekinder in Rockenfeld unterzubringen scheiterte, wurde die Schule noch im gleichen Jahr geschlossen."


In einem Kommentar zu einem Artikel der Süddeutschen Zeitung erfährt man Wissenswertes zur Verbindung zwischen dem kleinen Dorf und der New Yorker Milliadärsfamilie:
http://www.sueddeutsche.de/geld/david-rockefellers-erinnerungen-i-vom-fuenf-dollar-lehrling-zum-milliardaer-1.273983-3

"Die Familienmär von den "Roquefeuilles" (rokna)
Interessanterweise vermeidet es auch David Rockefeller, in seinen Memoiren im Rahmen der Schilderungen über seinen Großvater John D. Rockefeller auf die deutsche Abstammung der Rockefeller-Family einzugehen. Stammvater Johann Peter Rocke(n)feller war nämlich 1723 von dem Ort Segendorf im heutigen Stadtgebiet Neuwied mit seiner sechsköpfigen Familie aufgebrochen, um nach Amerika auszuwandern. Die Familie stammte ursprünglich aus dem Weiler Rockenfeld auf dem Bergrücken des Rheinwesterwaldes, und wer aus Rockenfeld stammte, der hieß halt (phonetisch) im Heimatidiom "Rockefeller". Als solcher hatte sich auch Johenn Peter Rockenfeller in die Schiffspassagierliste eingetragen. Als John D. Rockefeller es zum Ölmilliardär gebracht hatte, war die armselige Abstammung aus Deutschland nicht mehr genehm und die Rockefeller-Family sann auf eine vornehmere Familienstory. Es wurden für teures Geld Familienforscher engagiert, die (erfolglos) nachweisen sollten, dass der Name Rockefeller von einer adeligen französischen Hugenotten-Einwanderer namens "Roquefeuille" stamme. Als David Rockefeller anfang der 30er Jahre in Deutschland weilte, hatte er die Mär von der feinen französischen Abstammung vielleicht schon verinnerlicht. Erst der US-Vizepräsidend Nelson D. Rockefeller zeigte sich bereit, sich der familiengeschichtlichen Wahrheit zu nähern. Anlässlich eines Europa-Besuches hatte er erwogen, mal in Neuwied bei seinen "Vettern" vorbeizuschauen. Es kam aber nicht dazu."


Die Macher dieser Seite haben auch einen kleinen Film mit Informationen und Bildmaterial über Rockenfeld bei Youtube eingestellt. Neben historischen Aufnahmen gibt es interessante Bilddokumente vom Niedergang und Zerfall des verlassenen Dorfs, von den Spuren, die noch in der Gegenwart erhalten sind und von einem Miniaturnachbau von Rockenfeld mit H0-Material (Bild oben).



Quelle:
http://www.neuwied-feldkirchen.net/rockenfeld/historie/rockenfeld_historie.html

Nachschlag:
http://nygeschichte.blogspot.com/2010/12/rockenfeld-2.html

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