Sonntag, August 02, 2015

Granite State Wreck




In einer Sammlung von historischen Photographien aus dem New York des frühen 20. Jahrhunderts bin ich auf diese Aufnahme gestoßen, die ein Schiffswrack an einem Pier am Hudson River zeigt. Zu dem Zeitpunkt, wo ich jetzt hier angefangen habe zu schreiben, konnte ich noch nicht lokalisieren, wo genau das gewesen sein soll, andererseits ist das Bild und die Geschichte dahinter so attraktiv, dass ich da nicht widerstehen kann und  mal billigend in Kauf nehme, dass vielleicht nicht direkt die Geschichte von New York, sondern eher die Geschichte vom Großraum New York betroffen ist. 

Die Bildbeschreibung verrät folgendes: 



Es handelt sich bei dem Wrack also um ein Schiff namens "Granite State", das nach einem Brand am 23. Mai 1921 gekentert und gesunken war. 

Die Geschichte der Granite State beginnt im frühen 19. Jahrhundert im Marinehafen von Portsmouth in Maine, wo ein neues, mit 74 Kanonen ausgestattetes Kriegsschiff namens "Alabama" gebaut und 1825 fertiggestellt wurde. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann fand der 1825 geplante Stapellauf aber nicht statt und das eigentlich fertiggestellte Schiff verblieb im Dock. Grund war wohl wieder mal das liebe Geld, von dem dann letztendlich zu wenig da war, um das fertiggebaute Schiff auch noch mit Segeln, Matrosen und Kanonen auszustatten. Hätte sie ihren Dienst wie geplant aufgenommen, dann hätte die "Alabama" vermutlich ein ähnliches Aussehen gehabt wie die Schwesternschiffe "Delaware" und "North Carolina", die man auf diesem Gemälde sieht: 



Der Plan war der, dass sie und andere Schiffe mit gleichem Schicksal zunächst in der Werft verblieben, bis wieder Geld zur Verfügung stand, um sie vollständig auszustatten. Einige Schwesternschiffe gingen dementsprechend während der 1830er in den aktiven Dienst, aber die Alabama stand immer noch im Trockenen, als 1861 der Amerikanische Bürgerkrieg begann. 

Der lieferte dann aber endlich einen Grund, das Schiff zu aktivieren und so kam es, dass der langersehnte Stapellauf am 23. April 1864 stattfand und die Alabama unter ihrem neuen Namen "USS New Hampshire" den Dienst in der Navy auf Seiten der Nordstaaten antrat, allerdings wohl weniger als Kriegsschiff, sondern stattdessen als Lager- und Versorgungsschiff. 




Im Stützpunkt in Port Royal, South Carolina, entstanden 1864 die nachfolgenden drei sensationellen Aufnahmen, die Teile der Mannschaft auf Deck und an den Waffen zeigen, darunter auch ein "Powder Monkey", also ein Schiffsjunge, der wohl für das Schießpulver der Kanonen zuständig zu sein scheint. Man beachte auch die zahlreichen Säbel, die für einen möglichen Nahkampf an der Wand aufgehängt sind. 






Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg war die USS New Hampshire zunächst von 1866 bis 1876 in Norfolk als "Receiving Ship" eingesetzt, also als Unterkunft für neu rekrutierte Matrosen, die noch keinem festen Schiff zugewiesen wurden. 




Ab 1881 fand die USS New Hampshire dann Verwendung als Schulschiff zur Ausbildung von Matrosen und Offizieren, zunächst in Newport, Rhode Island, später dann in New London, Connecticut. 





Hier sieht eine Mannschaft während der Bajonett-Ausbildung, aufgenommen 1898: 



Am 30. November 1904 wurde die "USS New Hampshire" in "Granite State" umbenannt, damit der alte Name für ein neues Kriegsschiff zur Verfügung stand. Die Verwendung als Schulschiff blieb bestehen. 



1913 wurde das Schiff durch ein Feuer, das an Deck ausgebrochen war, erheblich beschädigt. Auch während des Ersten Weltkriegs diente die Granite State weiterhin zur Ausbildung von Matrosen, darunter auch ein junger New Yorker namens Humphrey Bogart, der Jahrzehnte später Filmgeschichte schreiben sollte. 

Am 21. Juli 1918 ereignete sich der einzige Todesfall an Bord während einer Ausbildungsmaßnahme, bei der einer der Matrosen ertrank.


Am Ende ihrer fast einhundertjährigen Geschichte geriet die Granite State am 23. Mai 1921 in ein Großfeuer, ausgelöst durch ein Leck in einer Ölpipeline der Standard Oil Company. Das Öl entzündete sich an einem vorbeifahrenden Motorboot und in der daraufhin folgenden Feuersbrunst wurden das Motorboot, ein dreistöckiges Bürogebäude der Marine, ein Lagerhaus und die Granite State zerstört. Wieder einmal war es zu geringer Wasserdruck in den Schläuchen der Rettungskräfte, der das Ausmaß des Unglücks noch verschärfte. Allerdings war die Crew der Granite State noch so umsichtig, dass sie das Pulvermagazin unter Wasser setzte, bevor sie das Schiff verließ, so dass zumindeste eine verheerende Explosion verhindert werden konnte, die ansonsten dem Schiffsbrand gefolgt wäre. 



Hier endet die Geschichte aber noch nicht. Im August 1921 wurde das Schiff an die Mullholland Machinery Co. verkauft und sollte im Juli 1922 zu seinem neuen Bestimmungsort an der kanadischen Küste überführt werden. Auf dem Weg dorthin geriet die Granite State in einen Sturm, fing wiederum Feuer und sank nahe Manchester-by-the-sea in Massachussetts am 26. Juli 1922.

Dieses Mal waren die Folgen so gravierend, dass das Schiff nach dem Unglück nicht mehr zu gebrauchen war.




Und mit einem Gemälde, das Charles Hopkinson 1922 am Wrack der Granite State schuf, beende ich den Beitrag: 



Als Quellen für die Geschichte der Granite State bzw. USS New Hampshire wurden im wesentlichen die folgenden beiden Internetseiten genutzt: 



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